Designer, Träumer, Scharlatane

 

Ein paar Worte zum Kult-Thema "Design": Heutzutage versteht sich ein jeder, der einmal ein Möbel frei entwerfen durfte, gleich als zum "Designer" berufen, mit der entsprechenden künstlerisch-mythischen Überhöhung, die dieser Begriff hierzulande erfahren musste (dabei ist der "designer" im angelsächsischen Sprachgebrauch nichts anderes als einfach ein Technischer Zeichner, Planersteller). Um sich als "Designer" heute möglichst von anderen abzuheben, ist eine zwanghafte "Originalität" offenbar Grundvoraussetzung. Die wildesten Kombinationen von Materialien und Stilelementen werden möglichst plakativ zusammengewürfelt, Hauptsache: Grell. Nach Formgefühl, Funktionalität und Harmonie in der Gestaltung zu fragen ist geradezu verpönt. Hier noch ein abstruses Accessoire, dann einen unverhofften Schwung, und noch einen abrupten Materialwechsel - so müssen offenbar heute Möbel, oder überhaupt Produkte, aussehen. Klamauk. 

Es hat doch keinen Wert, ein Möbel nur nach seiner Form zu entwerfen. So entstehen gebrauchsuntüchtige Skulpturen. Ein Möbel hat funktional, hat ergonomisch zu sein. Die Formgebung ist dennoch wichtig, sonst entstehen öde Kisten. Nur - die zwanghafte "Originalität" sollte einem Harmoniestreben weichen. Harmonie der Proportionen, Strukturen und Farben am Stück selber, aber vor allem auch Harmonie des Stückes in Bezug zu seiner Umgebung. Betrachten wir die Dinge in unserer Umgebung, so erkennen wir: Die Formen, die wir am angenehmsten empfinden, sind meistens ohne großes Geltungsbedürfnis schlicht aus der Funktion entwickelt worden. Komme ich beim Entwerfen oder Konstruieren an den Punkt, wo ich merke: Aha, das hat vor mir schon mal jemand so gelöst, so ist eine mögliche Reaktion: Ich wills anders, besonders machen. Aber ein anderer Reflex, auf den ich genauso achte, lautet: Da bin ich wohl auf etwas Gutes gestossen. Ist doch nicht schlimm, sondern sogar ein Zeichen für Qualität, wenn andere vor mir dasselbe gefunden haben! 

Als selbständiger Schreinermeister stehe ich auf dem Standpunkt: Wer als Auftragnehmer ein Möbel plant, ohne die Wohnung des Kunden gesehen zu haben, baut für sich und seine Selbstverwirklichung (...wie unwirklich bist Du denn?) und nicht für den Kunden. Dass ich kreativ bin und phantasievolle Möbel bauen kann, weiss ich und kann es für mich selber auch zu genüge tun. Ich brauche nicht jedem Kunden meinen Stil aufzudrücken. Möbel, die ich gefertigt habe, sollen nicht erscheinen, als seien sie aus meiner Kollektion genommen. Vielmehr ist es mein Bestreben, unter den Vorgaben, die mir die Kundschaft durch ihre Vorstellungen und durch bereits vorhandene Gegebenheiten setzt, ein möglichst passendes Stück herzustellen. Es muß in sich stimmig sein durch ausgewogene Proportionen und hohen Gebrauchswert, es muß den Kunden gefallen, und es muss zu seiner Umgebung passen. Wenn es dann auch noch mir gefällt, dann ist das schön, aber nicht unbedingt zwingend notwendig. Zum Glück bin ich jedoch oft mit dem Geschmack meiner Kundschaft einverstanden, und (auch) deshalb kann ich sagen: Ich liebe meinen Beruf.

 

 

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© Stefan Hampel

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