Es gibt keinen Unterschied zwischen Tischler und Schreiner. Das sind zwei Bezeichnungen, die für ein und denselben Beruf regional unterschiedlich verwendet werden. Im
Norden gibt’s eher Tischler, im Süden Schreiner, in Österreich wieder Tischler. Unser Bundesverband heißt "TSD - Tischler/Schreiner Deutschland". Hier in NRW, sozusagen im Übergangsgebiet zwischen
Nord und Süd, hat unser Landesverband aus Gründen des einheitlichen Auftritts die Verwendung der Bezeichnung "Tischler" empfohlen.
Es werden aber auch ein paar Bezeichnungen verwendet, wenn sich eine Werkstatt innerhalb des großen Berufsbilds der Tischlerei/Schreinerei spezialisiert hat - ohne dass dies dann eigene Berufe
wären:
"Möbeltischler/schreiner" haben ihren Schwerpunkt - rate! - mehr in der Herstellung von Möbeln,
"Bautischler/schreiner" haben es mehr mit Fenstern, Türen, Treppen, also fest Eingebautem zu tun.
"Kunsttischler" nennen sich so, um zu zeigen, dass ihre Arbeit eine Kunst sei.
"Sargtischler" bauen heute nur noch selten selber Särge, die werden als Fertigware importiert. Ihr Schwerpunkt liegt vielmehr in der Dienstleistung (vom Waschen und Vorbereiten der Verstorbenen bis
zum Papierkrieg), die sie für die meist im Trauerfall überforderten Angehörigen übernehmen. Folgerichtig nennen sich diese Tischler-Kollegen heute "Bestatter".
"Möbelrestaurator" ist eigentlich ein höherer Ausbildungsgang, aufbauend zum Beispiel auf einer Tischler-Lehre plus Studium. Trotzdem gibt es auch Meisterbetriebe, die sich auf alte Möbel
spezialisiert haben, ohne gleich den formellen Abschluss des "Restaurators" zu haben.
Nicht (mehr) zu den Schreinern/Tischlern gehören heute:
Parkettleger (Holzfußböden)
Rolladenbauer (schließt auch Markisen mit ein)
Zimmerer (errichten eher tragende Konstruktionen wie Dachstühle, Holzhäuser)
Modelltischler (bauen nicht Modellautos, sondern Guss-Modelle für die Industrie)
Drechsler (stellen Rundlinge her wie Schüsseln, Geländerstäbe, Kugeln)
...das sind jeweils eigenständige Berufe mit separater Ausbildung
Nein. Nicht in dem Sinne, wie "kreativ" heute verstanden wird, dass hier irgendwer frei gestalten darf. Selbst der Meister hat nur ganz enge Gestaltungsspielräume, er
muss sehr genau die Wünsche seiner Kundschaft erspüren und ausführen. Sobald der Auftrag erteilt ist, erwarten Kunde und Meister von den Gesellen und Lehrlingen eine präzise Ausführung der
detailliert vorgeschriebenen Arbeiten. Zuhause darf jeder gestalterisch arbeiten, soviel er will, im Betrieb ist akurate und effektive Fertigung gefragt: Wir sind ein produzierendes Gewerk. Wer
Kunst-LK hatte und glaubt, Schreiner sei nun der Beruf, sich selbst zu "verwirklichen", hat was falsch verstanden.
Andererseits: Die wörtliche Übersetzung von kreativ heißt schaffend. Wer sein Handwerk gelernt hat, kann natürlich ganz anders seine Ideen für sich umsetzen als der kreative Dilettant. Und das
Gefühl, am Ende eines Arbeitstages aus einem Haufen Bretter einen Tisch, einen Schrank, eine Verkleidung erstellt zu haben, die jetzt in der Welt stehen und stehen bleiben werden - das ist schon
klasse.
Bald lernen Handwerker auch eine andere Art von Kreativität schätzen und hochachten: Ein guter Handwerker zeichnet sich dadurch aus, dass er auch in unvorhergesehenen Situationen, unter widrigsten
Umständen, intuitiv Lösungen findet, um die Arbeit perfekt zu erledigen. Für eine Kleinserie kniffliger Anleimer eine absolut simple und doch extrem effektive Spannvorrichtung zu ersinnen, aus einer
zerklüfteten Nussbaumbohle doch noch durch überlegtes Auftrennen genug Holz für den Auftrag zu schneiden, obwohl es "eigentlich" nicht geht, nach einem solchen Tag geht man befriedigt nach Hause!
Sicher nicht mehr mit Handhobel und Gestellsäge. Diese Geräte hängen zwar noch in fast jeder Werkstatt rum, und sie werden gerne vorgezeigt, Neulinge werden dran
unterwiesen und eine Zeitlang damit beschäftigt gehalten - aber in der Praxis bedeutet unsere Arbeit Maschinenarbeit, "Handarbeit" ist Arbeit mit Handmaschinen.
In der Werkstatt gibt es den Bereich der Tischmaschinen, wo Platten und Bohlen mit Kreissäge, Hobel-, Fräs- und Schleifmaschinen vorbereitet werden. Im Bankbereich, also auf den Hobelbänken (=
Werkbänke), erfolgt die Detailbearbeitung mit Hilfe von Handmaschinen (Lamello- oder Dübelmaschinen, Stichsäge, Bohrmaschine, Akkuschrauber). Abschließend kommt meist die Oberflächenbehandlung, also
Spritzlackieren mit Zwischenschliff (bei uns Ölen und Wachsen).
Auch auf Montage, beim Kunden, kommen fast ausschließlich Handmaschinen zum Einsatz, mit deren Hilfe zugeschnitten, angepasst und verschraubt wird.
In allen Schreinereien wird der Computer immer selbstverständlicher. Schon seit vielen Jahren gehört das CNC-Programmieren in der Berufsschule zur Ausbildung (CNC bedeutet Programmierung von
automatisch arbeitenden Maschinen). Zwar hat noch nicht jeder Betrieb solches Gerät in der Werkstatt, aber sie kommen immer mehr, gelten schon als Standard-Maschine. Das Zeichnen erfolgt in der
Schule zwar noch größtenteils von Hand, gar mit Tusche - in der Praxis aber fast ausschließlich am Rechner mit CAD-Programmen.
So geht auch bei uns der Trend zur Automatisierung: Die oben beschriebenen Arbeitsgänge beschreiben meinen Betrieb, in der Mehrzahl sind die Werkstätten aber bereits viel moderner aufgestellt.
Zeitaufwändige Arbeiten erledigen die Automaten, welche von Gesellen und Meistern programmiert werden. Hobelmaschinen, Fräsen und Kreissägen werden mehr und mehr verdrängt. Nie werden wir ganz auf
Handarbeit verzichten können, gerade bei Montagen, aber nie wieder werden solche Mengen Gesellen benötigt wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren.
Konkret: 1980 waren in NRW 80.000 Tischler beschäftigt, 1990 waren es 66.000, 2000 waren es 69.000, und seit 2010 sind es einigermaßen konstant nur noch 50.000 (Quelle: FV Tischler NRW, Zahlen +
Fakten).
Die Ausbildung dauert im Regelfall 3 Jahre, sie orientiert sich mit ihrem Beginn und Ende an den Schuljahren: Beginn ist üblicherweise nach den Sommerferien, Ende, also Gesellenprüfungen, vor den Sommerferien.
Ein Beginn der Ausbildung zu einem anderen Zeitpunkt als am Ende der Sommerferien ist zwar eigentlich möglich, aber ungünstig: Es wäre ein Einstieg in eine bereits laufende Berufsschulklasse nötig, entsprechend viel Stoff nachzuarbeiten. Denkbar wäre, zu einem beliebigen Zeitpunkt zu beginnen und dann mit Beginn des nächsten Schuljahres auch den Unterricht aufzunehmen. Das würde aber die Ausbildungszeit über die üblichen drei Jahre verlängern, denn Abschlussprüfungen finden immer kurz vor den Sommerferien statt.
Allerdings gibt es noch die "Winterprüfung", meist im Januar. Hier werden Wiederholer geprüft (die im Sommer zuvor durchgefallen sind), aber auch Verkürzer, die also ihre Ausbildung ausnahmsweise um ein halbes Jahr verkürzen dürfen. Weil jedoch zur Winterprüfung oft nur sehr wenige Prüflinge gemeldet werden, kommt es vor, dass sich für die Organisation dieser Prüfung mehrere Innungen zusammentun - dann findet die gesamte Prüfungsprozedur womöglich in einer weiter entfernten Stadt statt, unter fremden Gegebenheiten.
Eine Verkürzung der Lehrzeit ist unter gewissen Umständen möglich: Ältere Lehrlinge, Lehrlinge mit bereits einer anderen abgeschlossenen Ausbildung oder Lehrlinge mit
Abi können einen Antrag auf ausnahmsweise Verkürzung der Lehrzeit um ein halbes oder ein ganzes Jahr stellen. Dieser muss vom Ausbildungsbetrieb und der Schule befürwortet werden. Und da liegt der
Hase im Pfeffer: Dummerweise sind Meister und Lehrer selten der Meinung, dass eine Verkürzung der Lehre sinnvoll ist.
Aus meiner Sicht als Meister sprechen prinzipiell zwei Argumente dagegen: Erstens ist die Zeit wirklich knapp, um in drei Jahren nicht nur Wissen, sondern auch professionelle Routine zu erlangen. Und
dann gibt es da noch das schnöde Geld: Ein Lehrling kostet. Im ersten Jahr zahl ich drauf. Gegen Ende des zweiten Jahr kann ein guter Lehrling allmählich dahin kommen, dass er sein Geld auch
verdient. Wenn er nicht allzuviel ausfällt, wird er im dritten Jahr endlich anfangen, nicht nur seine Lohnkosten einzuspielen, sondern darüber hinaus auch für den Betrieb etwas zu erwirtschaften -
also das vorher Investierte wieder zu bringen, resp. den nächsten Lehrling mitzufinanzieren. Warum sollte ich ausgerechnet auf das dritte Jahr verzichten wollen? Ich gebe nur in sehr seltenen Fällen
mein Einverständnis dazu.
In der Schule gibt es ja einen Lehrplan, der letzte Teil des schulisch vermittelten Wissens fehlt den Verkürzern. Und gerade im letzten Halbjahr werden in der Schule gezielt prüfungsrelevante Themen eingeübt.
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